Der Ley-Automobilbau
Es gibt kaum etwas Spannenderes, als herauszufinden, wann und wie es genau losging mit ersten Versuchen für eine neue Geschäftssparte „Automobile“. Dokumentarische Überlieferungen aus der Entwicklungsphase sind bisher nicht bekannt, auch nicht aus familiären Quellen. In den Jahren 1901 (Vater Rudolfs Tod) bis 1906 (Markteinführung der LORELEY-Automobile) stand auch nicht andeutungsweise etwas von Alfred Ley's besonderen Aktivitäten in der örtlichen Presse, was umso mehr verwundert, als die unten beschriebenen Testfahrten ja nicht unbemerkt durchgeführt werden konnten. Daher liegt der Schluss nahe, dass Alfred Ley eine Vereinbarung mit den Redaktionen über Stillschweigen geschlossen haben könnte. Meldungen über fehlgeschlagene Versuche wären dem Ansehen der Firma nicht förderlich gewesen. Wenn eines Tages über Erfolge zu berichten war, gelang die Überraschung um so besser. Auch sollte die Konkurrenz sicher nicht zu früh aufmerksam werden.
Die Vorworte der Jahreskataloge 1907, 1908 und 1909 umschrieben Beginn und Verlauf der Automobil-Entwicklung mit vielen Worten, aber nicht so konkret, wie es für einen Chronisten wünschenswert wäre. Zum Jahr 1906 ist bisher keine werkseitige Verkaufsunterlage aufgetaucht. Die ersten Schritte in den Markt sind nur durch Zeitungsanzeigen belegt.
Der Katalog vom August 1910 schildert die Anfänge zum ersten Mal etwas genauer:
„...Im Jahre 1905 kamen wir von den Automobilfabrikanten, nach fast 3 Jahre zurückreichenden praktischen Versuchen, als erste mit einem kleinen Viercylinder-Wagen an die Öffentlichkeit ... Unsere damaligen Versuche erstreckten sich gleichfalls auf luftgekühlte Motoren, welche wir nach reiflichem Studium der bereits damals vorhandenen Bauarten konstruierten und die wir gleichfalls als Viercylinder-Motoren herstellten. ...Die Lage unserer Fabrik, im bergigsten Teil Thüringens, brachte es mit sich, das wir ganz außerordentliche Ansprüche an die Probewagen stellen mussten, zumal wir diese Fahrzeuge stets auch auf schlechtesten Landwegen und ausnahmslos auf einigen Strecken ausprobierten, welche bis zu 30 % Steigung aufwiesen. Der Weg zur >Wachsenburg<, ebenso der höchste Punkt des Thüringer Gebirges, >der Schneekopf<, dienen uns als Versuchsstrecken und brachten uns von den ein- und zweicylindrigen, wassergekühlten, wie auch von den viercylindrigen luftgekühlten Motoren ab. Wir stellten schon damals vor nunmehr acht Jahren fest, dass die Zukunft des Automobilismus nur in wassergekühlten Vier-, und für größere Typen Sechszylinder-Motoren liegt...“
Aus diesen Formulierungen ergibt sich:
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1902 |
Beginn mit der Entwicklung selbst hergestellter Motoren.
Abkehr von den als unzulänglich erkannten Konstruktionen noch im ersten Entwicklungsjahr. |
1905 |
Fertigstellung und Präsentation des Prototyps.
Das Automobil erhält den Namen "Loreley", benannt nach
der Sagengestalt vom Rhein als werbewirksame Verbindung mit dem Familiennamen.
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Der Motorfahrer
Nr. 10, 5.3.1909 |
1913 |
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1906 |
Aufnahme der Serienproduktion als Zweisitzer und als
Viersitzer, Vierzylinder, 9-10 PS, schon damals Motor mit
Getriebe verblockt
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1906 |
Nach bisherigen Erkenntnissen
ist von einer Markteinführung
zur Jahresmitte 1906 auszugehen. Allerdings ist mein diesbezügliches
Quellenstudium noch nicht abgeschlossen. Grundlagen für diese Annahmen: Älteste bis jetzt festgestellte Anzeige in der "Automobil-Welt" vom 3. August 1906:
Gemäß "Braunbeck's Sportlexikon 1910" erster sportlicher
Loreley-Auftritt bei der "Internationalen Tourenfahrt für kleine
Wagen" vom 25. bis 27. August 1906 und kurz darauf Teilnahme an
der "Herbstprüfung für Automobile und kleine Wagen vom
21. bis 23. September 1906", wenn auch nur an der dritten Etappe,
einer Sachsen-Rundfahrt am 23. September.
Der sich verbreitende gute Ruf fördert das grenzüberschreitende
Interesse an den Loreley-Automobilen. Bereits 1906 wird nach Russland geliefert.
Hier ein Referenzschreiben des
ersten Loreley-Käufers aus Moskau.
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November 1906 |
Erstmalige Teilnahme an der Internationalen Automobil-Ausstellung in Berlin...
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.... und erstmalige Besprechung der Loreley-Konstruktion in der Fachpresse. Hier: Automobil-Welt, Nr. 128 vom 30.12.1906 |
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1907 |
Bau des ersten Sechszylinder-Motors |
1912 |
Nach den Loreley-Siegen in den entsprechenden Klassen der russischen Kaiserpreisfahrten 1910 und 1911 erwirbt
der technikbegeisterte russische Komponist Sergej Rachmaninoff im Frühjahr 1912 eine Loreley Typ H4A, 8/24 PS.
Im Juli 1912 erringt Fedor Schorigin auf Loreley den Gesamtsieg und gewinnt damit den Kaiserpreis des russischen Zaren, einen edelsteinbesetzten Goldpokal. |
1912/13 |
Im August 1912 wird in London die "Loreley Autocar
Co." gegründet. In der Veröffentlichung hierüber
verweist die örtliche Presse auf zum Teil seit Jahren schon
gute ausländische Absatzgebiete wie z. B. Argentinien,
Brasilien, Siam, Japan, China, Australien, Indien, holländische
Kolonien usw. Gemäß Zeitschrift MOTOR, Ausgabe
Oktober 1913, ist der Exportanteil mittlerweile außerordentlich.
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1918
1918 |
Bis Kriegsende Markenname "Loreley"
Mit Aufnahme der Friedensproduktion Markenname "LEY"
Die Darstellungen der Wortmarke "Loreley" und
der Bildmarke "LEY" wandelten sich im
Laufe der Zeit relativ häufig. Anfänglich
sahen sie so aus:
1909 |
Katalogtitel 1914
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1922 |
Erste Automobil-Stromlinien-Karosserie nach Jaray-Patent
auf Fahrgestell eines Ley T6, 6/20 PS, als viersitzige Limousine
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Motiv einer Telefonkarten-Serie von 1997 |
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1923 |
Rennwagen mit Stromlinien-Karosserie nach Jaray-Patent,
ebenfalls auf Fahrgestell Ley T6
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Herkules-Bergrennen, Kassel-Wilhelmshöhe, 2.9.1923,
2. Preis in Klasse II für Direktor Gockenbach |
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1926 |
Offensichtlich beschäftigte sich Alfred Ley auch mit alternativen Antriebskonzepten, was anlässlich des eigenen Geschäftszweiges „Elektrotechnik“ nicht abwegig war. Aus dem Branchenteil im Katalog zur Deutschen Automobil- und Motorrad-Ausstellung Berlin vom 29. Oktober bis 7. November 1926 geht allerdings nur ein kleiner Hinweis auf ein elektromotorisches Auto hervor, ohne dass sich eine besondere Typenbezeichnung beim Ausstellungsgut wiederfindet.
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Elektroauto? |
Ausstellungsmodelle |
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1928 |
Einstellung der Personenwagen-Produktion
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Eine der letzten größeren Auslieferungen über den
"Automobil-Palast Hugo Ley", Erfurt, Löberring. Ganz
links mein Großvater Hugo Ley. |
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1925 |
Produktionsaufnahme von Schnell-Lastwagen und Omnibussen.
Ab ca. September 1930 Vertrieb der Nutzfahrzeuge durch M.A.N. zur unteren
Abrundung des eigenen Lieferprogramms
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1929 | 1929 |
1930
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1933/34 |
Ende auch der Nutzfahrzeug-Produktion |
bis 1945 |
Produktion von Automobil-Ersatzteilen
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Verlässliche Produktionszahlen sind bisher nicht bekannt. Eine Ermittlung anhand offizieller neutraler Quellen erweist sich als unmöglich, da es solche damals noch nicht gab. Allenfalls die Hersteller selbst führten derartige Statistiken. Von Ley liegen entsprechende werkseitige Unterlagen nicht vor.
Die in bisheriger Fachliteratur genannten Stückzahlen beziehen
sich oft nur auf einzelne Modelle oder bestimmte Zeiträume
und führen daher immer wieder zu Fehlinterpretationen. Die Quellen konnten noch nicht nachvollzogen werden. |